Ungewollt kinderlos – wie geht man damit um?

von Wiebke

„Ich kann keine Kinder kriegen.“ Diesen Satz allein nur zu denken war lange schwer – doch vor kurzem habe ich es in einem Artikel öffentlich gemacht. Das war reinigend. Aber was nun? Wie geht man damit im Alltag um? Wie gestaltet man seine „andersartige“ Zukunft? Ich erzähl dir meine Geschichte.

Was bisher geschah…

Es ist nicht lange her, da wurde ich von dem Online Magazin SOCIAL MOMS gefragt, ob ich nicht mal über meine Kinderlosigkeit schreiben will. Ok, dachte ich: was bedeutet das für mich? Es bedeutet ein Thema, welches sonst sehr intim war, zu einem öffentlichen Thema zu machen. Mich vor aller Welt sozusagen zu outen.

Ich habe dann doch etwas länger als für mich üblich gebraucht, um darüber nachzudenken: machen oder lassen? Für mich behalten oder einfach mal raushauen? Es wurde Letzteres.

Seelenstriptease

„Ich bin ein Alien. Etwas, was die Natur nicht für uns Frauen vorgesehen hat. Ich habe mich nicht vermehrt. Denn streng genommen, ist das das Einzige wofür wir geschaffen wurden: Die eigene Rasse zu erhalten. Klingt wahnsinnig unromantisch, ist aber so. 

Das sage ich extra so provokant, weil unsere heutige Gesellschaft meiner Meinung nach noch immer ein „Ding“ mit kinderlosen Frauen hat. Jede Frau, jedes Paar hat allerdings sein Warum – und das kann völlig unterschiedlich sein.“

Wiebke Wittneben auf SOCIAL MOMS

Ich habe mich nicht fürs „kinderlos sein“ entschieden – mein Körper hat es für mich getan. Und vielleicht war auch ein Mensch aus meiner Vergangenheit Schuld daran. Das möchte ich hier nicht weiter ausführen, ich könnte ins Fluchen und Verdammen abdriften – das will ich nicht. 

Fakt ist: ich habe sechs Versuche künstlicher Befruchtung hinter mir. Alle ohne Erfolg. Wer sich mehr für das „wie ist das passiert und wie war das“ interessiert, kann es gern auf SOCIAL MOMS unter dem Titel „Ungewollt kinderfrei – ein Leben lang“ nachlesen.

Auf einmal alles anders

Wie ist es für eine Frau, deren Lebenspläne auf einmal quasi von außen blockiert werden? Ich meine, es gibt zig Möglichkeiten sein Leben zu leben – aber meins war nun mal auch von der Mutterrolle geprägt. Ich wollte meinem Mädchen Kuchen backen beibringen und mit meinem Jungen einen Grimassenwettbewerb machen. Daraus wird nun nix. Es wird mich niemals jemand Mama nennen, oder Oma.

Aber: Ich bin grundsätzlich ein Mensch der immer das Positive sieht – und sehen will. Ich gucke lieber nach vorn, als in den Rückspiegel. Was bringt mir das Graben in der Vergangenheit- ich will mich lieber auf das Hier und Jetzt und die Zukunft konzentrieren. Und dennoch bin ich manchmal zerrissen.

Das Ding: es ist noch nicht lange her, dieses ultimative Ende. Mein Kopf, mein Herz und meine Seele befinden sich noch immer im Umbruch. Wer will ich denn sein, wenn ich keine Mama werden kann? Wie will ich mein Leben gestalten? Was will ich erreichen und was will ich prägen? Welchen Sinn hat mein Leben – ganz abseits von Kindern? 

Das sind alles Fragen, die mich derzeit aufwühlen. Nicht weil sie jeden Tag präsent sind – sondern weil sie im Untergrund aufwühlen. 

Kinderlosigkeit – wie ich heute damit umgehe

Ich will keine Ratgeber lesen. Ich will mich auch nicht als Opfer sehen. Ich will eigentlich auch kein Thema draus machen. Und dennoch weiß ich, dass es gut ist, drüber zu sprechen. Ich weiß, dass mich die Kinderlosigkeit bestimmt mal sehr, sehr traurig machen wird. Und wenn es nur Momente sein werden. Deswegen will ich mir der anderen Dinge bewusster werden, die kompensieren können. Und das empfehle ich jedem.

Zusammen schaffen wir alles

Mein größtes Glück ist mein Mann. Er lernte mich mit dem Bewusstsein kennen, dass ich keine Kinder auf natürlichem Wege bekommen kann. Wir haben es probiert, drei Invitro-Versuche haben wir hinter uns. Es sollte nicht funktionieren. Er war und ist mein Anker – weil er es so hinnimmt, wie es ist. Und weil er mit mir Pläne schmiedet die nichts mit eigenen Kindern zu tun haben.

Das nächste große Glück sind meine Freunde. Denn nicht alle haben Kinder. Und ich finde: das ist toll. Wenn alle um mich herum „anders“ wären als ich – oder ich „anders“ als sie wären – ich glaube, das wäre schwerer für mich. Hier in der Großstadt mit diesem bunten Freundeskreis fühle ich mich nicht allein. Das Allerbeste: ich habe eine liebe Freundin, die ebenfalls noch keine Kinder hat. Vielleicht auch nie bekommen wird. Sich auszutauschen ist für mich im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.

Meine Ersatzkinder

Mein anderes Glück ist meine Schwester Marieke mit ihren Kindern. Ich habe immer zu ihr gesagt: „Wenn ich selbst keine Kinder kriegen kann, dann werde ich halt die tollste Tante der Welt“ Und so liebe ich es, jeden Monat mindestens einmal die Kinder zu sitten.

Mit Maartje und Piet Picknick im Wohnzimmer zu machen, Brücken aus Playmobil zu bauen oder Windeln zu wechseln. Mit ihnen Geburtstag zu feiern oder sie mal von der Kita abzuholen. Die Liebe die sie mir entgegenbringen, lässt mein Herz so oft hüpfen, dass mir in diesem Moment während ich schreibe, die Tränen kommen.

Und dann gehören zu meinem persönlichen Glück auch noch unsere Tiere. Hund Carlos und Kätzchen Ella, die eigentlich nur MauMau genannt wird. Sie sind meine Ersatzkinder. Wir können kuscheln, uns Liebe schenken, wir können zusammen spielen und Erziehung und Verantwortung kommen eh dazu. Meine Kinder haben also Fell. 

Und vielleicht werde ich noch Patin eines Kindes, welches irgendwo auf der Welt unter bitteren Umständen aufwachsen muss. Vielleicht kann mein Geld und mein Dasein ihm zu einem besseren Leben verhelfen. Aber jetzt mal was ganz anderes…

Kinderfrei statt kinderlos

Das Wort „kinderlos“ finde ich allerdings schlimm – können wir nicht sagen „kinderfrei“? Das würde mir persönlich (und sicher auch vielen anderen Paaren und Alleinstehenden) nicht immer wieder vorhalten, dass da angeblich eine Lücke ist. 

Wiebke Wittneben auf SOCIAL MOMS

Denn immer noch ist es nicht „normal“ in der Gesellschaft, keine Kinder zu haben. Es scheint noch immer der Weg zu sein, den man automatisch geht: verliebt, verlobt, verheiratet, Kinder. Was ich mir wünsche, ist mehr Offenheit für andere Lebensmodelle.

Nicht jeder will ein Kind. Nicht jeder kann Kinder kriegen – so wie ich. Dafür möchte ich nicht verurteilt oder schräg angeguckt werden. Glaubt mir: ich habe damit oft schon genug zu kämpfen – da brauch ich nicht noch die Intoleranz der Gesellschaft. Und so wie ich denke, werden es sicher etliche kinderlose Frauen tun.

Kinderfrei – wie wird die Zukunft?

Hier und jetzt kann ich den Verlust gut mit Aktionismus überdecken. Hey, es gibt auch zahlreiche Vorteile: ich kann immer ausschlafen, ich habe viel Zeit für mich und meine Bedürfnisse, ich bin flexibel, kann Urlaub machen wann ich will, ich kann umziehen wann und wohin ich will. Ich kann einfach so auswandern. Und all das kann mein Mann auch. Wir können extrem selbstbestimmt leben – ohne Kids.

Aber was ist im Alter? Was passiert, wenn ich nicht mehr so kann? Wer wird mir dann helfen? Wer wird mit mir unterm Tannenbaum sitzen wenn ich alt und runzelig bin? Wer wird mich im Altenheim besuchen? Wen werde ich eines Tages mal beerben? Darauf habe ich nur zum Teil Antworten. Jetzt. Das wird sich ändern – ich denke positiv.

Was ich zum Schluss noch sagen möchte: Ich brauche kein Mitleid. Ich brauche Verständnis – und ab und zu auch mal ein wenig Rücksicht. So wie viele andere Frauen, die keine Kinder bekommen können, auch.

Was habt ihr zu dem Thema zu sagen? Ich freue mich mit euch in den Kommentaren zu diskutieren.

Eure Wiebke

Live happy. Live green.
Deine Adebars Töchter

Deine Wiebke

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7 thoughts on “Ungewollt kinderlos – wie geht man damit um?

  1. Liebe Wiebke,

    Ich kann Dich gut verstehen, auch wenn ich heute selbst eine Tochter habe. Das es sie heute gibt, ist ein kleines Wunder, denn mit 25 Jahren bin ich an einem hypophysenadenom erkrankt. Dieses wurde teilweise operative entfernt. Doch auf mein spätere Nachfrage nach Nachwuchs, wurde mir mitgeteilt, dass ich mich darauf einstellen sollte, dass ich keine Kinder bekommen kann… Mit dieser Aussage klar zukommen, war absolut nicht einfach und nagte sehr an meinem Selbstbewusstsein als Frau. Es hat lange gedauert, damit zurecht zu kommen. Mein Exmann und ich haben irgendwann aufgehört darüber nachzudenken und es akzeptiert. Mutter Natur meinte es doch gut mit uns und im Juni 2006 wurde dann unsere Tochter geboren. Ich habe das Glück beide Seiten kennengelernt zu haben und Dir, liebe Wiebke, gehört mein tiefstes Mitgefühl. Ich weiß auch wie stark Du bist und was für einen tollen Ehemann, Eltern und Schwester Du hast. Lass den Kopf nicht hängen…. und ich ziehe meine Hut vor Dir, Deinem Mut und Deiner Geschichte ….

    1. Liebe Helen, danke für deinen lieben Worte. Was für ein Glück du hast – zeigt mir, dass jede Geschichte auch gut ausgehen kann. 🙂 Alles Gute euch!

  2. Liebe Wiebke,
    ich habe mich so in deinem Artikel wiedergefunden. Ich habe leider auch einen Teil deiner Geschichte erlebt. Ich habe lange Zeit mit der Diagnose-unfruchtbar , auf natürlichen Wege wird das nichts leben müssen. Ich habe auch das ganze Prozedere mit künstlicher Befruchtung hinter mir. Mit Erfolg und dann doch eine Fehlgeburt erlitten. Ausschabung folgte und im aufwachraum hörte ich den Pfleger erzählen, dass er Vater wird.
    Ich wurde daraufhin psychisch krank und mein damaliger Partner trennte sich von mir. Ich fühlte mich nicht gut genug als Frau. Weil ich es nicht hinbekommen habe- die scheinbar einfachste Sache der Welt zu schaffen- Kinder zu bekommen. Es waren Jahre in denen gefühlt alle um mich herum Kinder bekamen und ich für immer die nette Tante/Patentante bleiben sollte.
    Ich habe versucht zu akzeptieren das ich nie Kinder haben werde, die Mama zu mir sagen. Die , wenn sie weinen, nur von mir getröstet werden wollen. Ich habe es nicht geschafft… und mittlerweile bin ich 3fache Mama. Auf natürlichen Wege sind alle drei Kinder entstanden. Ich bin dankbar für jeden einzelnen von Ihnen.
    Aber die Verletzungen sind noch immer in mir und machen das erlebte nicht weg. Ich danke dir für deinen offenen und ehrlichen Beitrag.

    1. Hallo liebe Kathrin,
      vielen Dank für deine lieben Worte! Irreschön wie sich das Blatt bei dir gewandelt hat! Meine Kinder haben mittlerweile Fell (Hund und Katze) – und ich habe einen Garten den ich betüddeln kann. Und wer weiß, was noch so alles verrücktes passiert im Leben. Alles, alles Gute dir! 🙂

  3. Hallo Wiebke,
    du sprichst mir aus der Seele. Ich hatte drei Fehlgeburten und habe auch Diagnosen, die es einfach schwer machen. Die künstliche Befruchtung ist der nächste Versuch und noch ist es nicht an der Zeit, die Hoffnung aufzugeben. Und trotzdem frage ich mich, wie wäre es, wenn es nicht klappt. Ja, wer ist im Alter an meiner Seite? Ich habe gerade meinen Vater verloren und konnte ihn die letzten Wochen begleiten. So sollte das sein, man sollte in Alter und Krankheit nicht alleine sein.
    Ich kann deine Fragen gut verstehen und es Nacht mich wütend, dass man in der Gesellschaft oft so mitleidig abgestempelt wird. Das muss sich ändern.
    Ich wünsche dir, dass du so positiv bleiben kannst und danke dir für deine Offenheit.

    1. Hallo liebe Paula, schön dass dir meine Offenheit darüber zu sprechen gefallen hat. Ich finde: man sollte einfach viel mehr und offener darüber reden – es aus der Tabu-Zone rausholen. Dann kommt man sich auch nicht so „unnormal“ in der Gesellschaft vor wenn man eben kein Kind hat. Oder? Es tut mir leid, was ihr schon durchmachen musstet – drei Fehlgeburten waren sicher nicht leicht. Ich wünsche euch alles Glück der Welt für eure künstliche Befruchtung! 🙂

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