Wellness ist schön. Ein Survival Trip ist mal was anderes. Wir zwei wollten es wissen wie es ist, an unsere Grenzen zu gehen. Ab für 24 Stunden in den Wald. Mit dabei: eine Isomatte, ein Schlafsack, eine Taschenlampe, ein Becher, ein Taschenmesser, etwas Wechselwäsche und das Wissen, dass es Dauerregen bei 8 Grad gibt. Wie wir es geschafft haben und was auch du brauchst, um im Wald überleben zu können? Wir erzählen dir davon…
Manchmal muss man raus aus seiner Komfortzone um zu entdecken, was wirklich in einem steckt. Manchmal muss es auch weh tun. Und manchmal braucht es ein Survival-Abenteuer-Camp um zu merken, was wir in unserer zivilisierten, wohlgeregelten Welt alles an logischem Denken verlernt haben.
Vor ein paar Monaten, bevor es mit Corona los ging, buchten wir das 24-Stunden-Wald-Abenteuer im Harz. Lange war es nur ein Eintrag im Kalender – und plötzlich war es nur noch eine Woche hin. Oh Gott, was sagt die Wetter-App? Was brauche ich denn überhaupt da? Ist meine Iso-Matte nicht zu dünn für den Waldboden? Und: oh Gott, wo ist mein Schlafsack?
Auf der 3,5-stündigen Fahrt in den Harz kamen viele Fragen bei uns auf…
Fragen an uns selbst – VOR dem Survival Trip:
Was war dein Beweggrund, diesen Trip zu buchen?
Marieke:
Jedes Jahresende schreibe ich mir Ziele für das kommende Jahr auf. Und ein Ziel bzw. Aufgabe ist es, etwas Besonderes zu tun. Etwas, das mich fordert und an dem ich wachse. Und auf einmal war da die Idee mit dem Survival Trip.
Wiebke:
Ich mag einfach Abenteuer und Grenzerfahrungen. Ich mag es, meine „Frau“ zu stehen. Wer hat überhaupt mal festgelegt, das „Feuer machen“ Männersache ist? Pah! Meine Schwester meinte dann eines Tages: lass das doch mal machen. Gesagt, gebucht und morgen: getan.
Was erhoffst du dir davon?
Marieke:
Ich hoffe, dass ich mich besser in der Natur zurecht finde. Manchmal erschreckt es mich schon , wie abhängig ich bin von Strom, Heizung und Supermarkt. Was ist, wenn morgen des absolute BlackOut wäre? Ganz ehrlich: ich stände ziemlich dumm dar. Ich war nie bei den Pfadfindern. Es wird Zeit, dass ich Basics, die die Menschen erst in den letzten 100 Jahren vergessen habe, wieder erlerne.
Wiebke:
Ich muss nicht die nächste Survival-Queen werden. Es geht mehr darum, die Natur noch besser zu verstehen und sie noch besser für mich nutzen zu können. Einiges weiß ich schon, vieles noch nicht – diese Lücken will ich füllen.
Was hast du im Rucksack was du niemals gedacht hättest?
Marieke:
Aspirin und Kamillosan-Spray bei Halsschmerzen. Es ist Dauerregen angesagt. Und ganz ehrlich: ich will absolut nicht krank werden.
Wiebke:
Joghurt, Walnüsse, 2 Scheiben Roggenvollkornbrot… 1/3 sind Lebensmittel. Nicht weil ich pienzig beim Essen bin – nur bin ich leider gerade in so einem Ernährungscoaching und muss an einem Tag genau nach Vorgabe essen. Passt nicht wirklich zum Survival-Gedanken 🙂
Wovor hast du Respekt?
Marieke:
Vor den Temperaturen und der Feuchtigkeit. Ich liebe es kuschelig warm und trocken. Ich hoffe, dass ich die Nacht überlebe und nicht die ganze Zeit hoffe, dass die Eiseskälte endlich vorbei ist.
Wiebke:
Ich mag die absolute Dunkelheit nicht – die macht mir ein unwohliges Gefühl. Von daher bin ich glücklich, dass ich mir extra ne neue Taschenlampe gekauft hab. Das was mir aber noch mehr Gedanken macht, ist das Wetter. Für unseren Trip sind 8 Grad und starker Dauerregen prognostiziert, halleluja. Das wird mal eine echte Herausforderung!
Ein Fleckchen Erde im Harz
Der Harz ist derzeit gesäumt von vertrockneten Fichten. Der Mensch hat vor langer Zeit den bunten Mischwald abgeholzt, um hier schnellwachsende Fichten für den Bergbau zu pflanzen. Nun, mit anhaltender Dürre, hat es sich der Borkenkäfer gemütlich gemacht. Ca. 200.000-300.000 Käfer sitzen auf einem Baum, genauer gesagt zwischen Borke und Rinde. Hier bohren sie fleißig Löcher. Der Baum versucht zu trinken, doch die Kapillareffekt funktioniert nicht mehr. Wie bei einem Strohhalm mit Löchern, kommt nichts mehr oben an. Der Baum verdurstet.
Was wir aber gelernt haben: wer im Wald auf sich allein gestellt ist und überleben will, nutzt auch die Borkenkäfer als Nahrung. Wiebke hat’s probiert: schnell den lebendigen Käfer zerbeißen und gut kauen – dann wird man mit einem nussigen Aroma belohnt. Maden schmecken übrigens ähnlich. Auch ausprobiert.
Wir jedoch hatten Glück: in „unserem“ Waldstück, wo das Abenteuer stattfand, gab es auch jede Menge gesunde Bäume sowie einen Bach.
Survival Trip: nicht nur was für Männer
Gleich zu Beginn wurde uns gesagt, dass Frauen nur selten im September das Survival Camp buchen. Meist bevorzugen sie den warmen Sommer. Pah! Das ist doch gelacht. Wir stehen unsere „Frau“! Und so begann am Samstag um 12:00 unser Trip. Mit dabei: vollgepackte Rucksäcke, sechs weitere Abenteuerlustige und der Coach Rene Golz.
Erste Aufgabe: Schlafplatz aufbauen!
Das hat vor allem einen psychologischen Hintergrund den ihr sicher auch vom Reisen kennt. Das gibt Ruhe im Kopf. Schnell erkannten wir die trockenen Seiten des Baumes als perfektes Schlaflager, mit dem Fuß mal eben die erste Nadelschicht entfernt, kam darunter trockener Waldboden zum Vorschein. Trotz Dauerregen! Für die Unterkunft hatten wir nicht viel zur Verfügung. Um genauer zu sein: eine Plane. Gepaart mit einer guten Idee und toten Baumstämmen wurde daraus unser Zelt à la eines halben Wigwams, angeschmiegt an eine alte Fichte die uns wie ein Regenschirm Schutz gab. Und tatsächlich gab es Lob vom Guide noch dazu. Schwesternpower!
Sobald die Unterkunft stand, wurde Holz gesammelt. Wusstet ihr, dass man selbst nasses Holz verbrennen kann? Wir hatten unsere Zweifel und wurden eines Besseren belehrt. Denn Holz ohne Rinde brennt gut, es qualmt nur etwas mehr. Die Nässe sitzt vor allem in der Rinde. Also: fürs nächste Lagerfeuer Holz ohne Rinde suchen oder diese entfernen.
Ein Feuer zu machen, ist die zweitwichtigste Aufgabe. An dem Wochenende haben wir drei Methoden zum Feuer machen ganz ohne Feuerzeug erlernt: 1. mit Birkenrinde und Feuerstahl 2. mit Kienspan und Feuerstahl und zuletzt noch die „Mittelaltermethode“ mit Feuerstein, Eisen, Moos und Kohlenstoff. Marieke war tatsächlich sogar immer die Schnellste von allen – eine wahre Feuer-Königin!
Pilze und ihre Wunder
Sobald das Feuer brannte, ging es auf Nahrungssuche. Im Wald und auf den Wiesen findet man mehr als nur Pilze. Auch wenn die natürlich super verlockend sind – es gilt die übliche Pilzregel im Wald: pflücke und esse nur die Pilze, von denen du 100% sicher bist, dass er ungefährlich ist.
Was wir an diesem Wochenende aber auch noch gelernt haben ist, dass Pilze mit halluzinierender Wirkung wahre Lebensretter sein können. Denn sollte man tatsächlich mal über lange Zeit einsam in der Wildnis sein, so können Drogen zum Einschlafen ganz hilfreich sein, um die Ängste und das Kopfkino am Abend einmal auszuschalten.
Geschenke des Waldes
Wiebke, angehende Kräuterhexe, konnte gut mit unserem Guide mithalten und sogar neuen Input mit einbringen. Breitwegerich als Pflasterersatz, Spitzwegerich als Mittel gegen Husten, Mädesüß als Aspirin-Ersatz und Rainfarn als natürliche Mückenabwehr. Die Natur hat viel zu bieten wenn man sich auskennt.
Wald und Wiese versorgen uns aber auch mit Nahrhaftem: die jungen Triebe und die Wurzeln des Schilfs, Beinwell, Beifuß zum Würzen, Brennnessel, Waldklee, Rotklee, junger Giersch, Hagebutten, Maden, Käfer.
Die 7 wichtigsten Survival Tipps
Was haben wir gelernt und wollen euch unbedingt mit an die Hand geben?
- Beachte die Reihenfolge: Baue dir zuerst eine Unterkunft, sorge dann für Wärme/Feuer. Begebe dich dann auf Wassersuche und kümmere dich erst zum Schluss um die Nahrung.
- Halte das Feuer am brennen. Es spendet dir Wärme, erhitzt und reinigt somit dein (Trink)Wasser und gart dein Essen. Die abgekühlte Kohle dient zum Zähneputzen und zum Händewaschen.
- Verabschiede dich von dem Gedanken ein im Notfall gefangenes Tier aufzuspießen und zu braten à la „Spanferkel von Asterix und Obelix“. Das Fleisch wird vermutlich außen knusprig oder gar verbrannt sein, innen ist es zäh oder noch roh. Warum? Jedes Fleisch müsste normalerweise abhängen. Daher besser 2-4 Stunden kochen, damit das Fleisch gut durch ist und auch eventuelle Erreger abgestorben sind.
- Zum Überleben im Wald brauchst du Mauererschnur, Gärtnerdraht und Messer. Denn nur so kannst du effektive Fallen bauen.
- Habe bestenfalls immer eine Plane im Gepäck. Du kannst sie für vieles einsetzen – unter anderem für deine Unterkunft.
- Feuer machen ist eigentlich kinderleicht und sichert einem das Überleben. Man sollte nur immer einen Feuerstift oder auch Feuerstahl genannt, dabei haben.
- Wasser ist Luxus im Wald. Nur wenn du direkt aus der Quelle trinkst, brauchst du es nicht abkochen, sonst immer. Man weiß nie, ob nicht irgendwo ein totes Tier das Wasser verunreinigt hat. Leckerer und gesunder Tee ist schnell gemacht: einfach Brennnesseln, Fichten- oder Tannennadeln mitkochen und schon ist dein Heißgetränk fertig, welches dir nicht nur Vitamine schenkt, sondern auch von innen wärmt.
Fragen an uns selbst – NACH dem Survival Trip:
Was hat dich am meisten beeindruckt?
Marieke:
Es waren zwei Dinge. Zum einen haben wir ein Tier zerlegt. D.h., unser Guide hat das Huhn geköpft und wir durften es häuten. Ich wollte so etwas schon immer mal machen. Schauen, wie so ein Tier körperlich aufgebaut ist und ob das eine blutige Angelegenheit ist. Und nein, zweites ist übrigens nicht der Fall. Ich habe seitdem noch mehr Respekt vor dem Lebewesen. Wir essen zu Hause eh wenig Fleisch und jetzt esse ich es noch bewusster.
Zum anderen hatte ich zu keinem einzigen Zeitpunkt Angst im Wald. Auch in der Nacht nicht. Ok, wir waren in der Gruppe, aber ich habe gelernt, dass Fuchs und Co. vorm Feuer Angst, und somit kein Interesse an mir haben.
Wiebke:
Mich hat am meisten beeindruckt, dass wir trotz Dauerregen Feuer machen konnten und tatsächlich nicht eine Minute gefroren haben. Und der Erdofen hat es mir angetan und muss in der Datsche unbedingt nachgebaut werden.
Was nimmst du mit für dein Leben?
Marieke:
Wir Menschen haben Jahrtausende eng mit der Natur verbunden gelebt. Wir haben vieles davon vergessen. In diesen 24 Stunden durfte ich der Natur ganz nah sein. Über jede kleine Beere habe ich mich riesig gefreut. Ich bin nun nicht mehr ganz so ahnungslos in einem Notfall und habe zudem noch mehr Respekt und Dankbarkeit der Natur gegenüber.
Wiebke:
Ich glaube, ich werde mir tatsächlich einen Fluchtrucksack packen. Einfach so für alle Fälle. Darin: Schlafsack, Plane, Messer, Kochgeschirr, Draht, Schnur und ein Feuerstahl. Fühlt sich gut an zu wissen, dass ich zumindest ein paar Tage in der Wildnis überleben könnte nach diesem Trip.
Würdest du das noch einmal machen?
Marieke:
Ja, auf jeden Fall. Vielleicht auch mal 48 Stunden, um noch mehr in die Tiefe zu kommen und noch mehr zu lernen. Mal schauen, was auf meiner Zieleliste für 2021 stehen wird.
Wiebke:
Ja, ja, ja. Aber gerne auch mal in einer anderen Region und zu einer anderen Jahreszeit. Ich will wissen, wie ich mich in einer völlig anderen Vegetation zurechtfinde. Und dann am besten ohne alles. Also quasi ganz nach dem Szenario: Flugzeugabsturz und dann ums Überleben kämpfen.
Der Duft des Abenteuers
Auch ein paar Tage danach, riechen unsere Jacken nach Lagerfeuer. Und irgendwie ist das schön so. Es riecht nach Abenteuer zweier Schwestern die loszogen um das Überleben in der Wildnis zu lernen.
Habt ihr so was schon gemacht? Oder haltet ihr es für völlig unnötig? Erzählt doch mal in den Kommentaren oder diskutiert mit uns auf Instagram-Account @adebarstoechter
Live happy. Live green.
Deine Adebars Töchter
Deine Wiebke
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One thought on “Survival Trip: 24 Stunden Wald und wieder zurück”